Manche Autisten fürchten sich wegen ihrer Meinung nach ungewöhnlichen Wahrnehmungen für verrückt erklärt zu werden, die z.B. in starker Übermüdung bei nahezu allen Menschen vorkommen. Hier einige Ausschnitte zu dieser Thematik aus einem Interview mit dem Psychologen Erich Kasten:
Zitat:
Frage: Sie behaupten, jeder könne Halluzinationen haben. Was löst sie aus?
Kasten: Manchmal reicht es, wenn jemand sehr oft allein ist. Viele ältere Menschen mit wenig Kontakt zu anderen hören Stimmen, obwohl sie psychisch vollkommen gesund sind. Das kommt besonders häufig vor, wenn sie auch schlecht hören. Und wenn jemand sozial isoliert ist, hat er mit großer Wahrscheinlichkeit nach einer Weile Halluzinationen.
Frage: Woher wissen Sie das?
Kasten: Das haben Experimente gezeigt, in denen Versuchspersonen tagelang in völlig stillen und dunklen Kammern lebten. Die standen irgendwann auf und dachten, jemand hätte das Licht angemacht. Sie bildeten sich ein, sie könnten zum ersten Mal den Raum sehen – hier das Bett, da die Tür. Dann liefen sie aber irgendwo gegen, weil eben nichts davon real war.
Frage: Wie unterscheiden sich solche Erlebnisse von krankhaften Halluzinationen?
Kasten: Gar nicht. Sowohl die soziale Isolation als auch eine Schizophrenie können dazu führen, dass jemand Stimmen hört oder Bilder sieht. Ich glaube, dass es nicht viel bringt, zwischen normalen und krankhaften Halluzinationen zu unterscheiden.
Frage: Haben psychisch gesunde Menschen oft Halluzinationen?
Kasten: Ja, sehr häufig, und nicht nur in finsteren Kammern. Nur ein Bruchteil der Betroffenen ist psychotisch oder schizophren. Trugwahrnehmungen sind doch Alltagsphänomene: Nicht nur einsame ältere Menschen kennen sie, sondern auch Kinder – viele haben imaginäre Spielkameraden und sehen diese regelrecht. Auch Träume sind eine Form von Halluzinationen, wir erleben sie alle jede Nacht.
Frage: Was haben Träume mit Trugwahrnehmungen gemeinsam?
Kasten: Sie wirken absolut real, genau wie Halluzinationen. Ich habe vergangene Nacht geträumt, ich hätte heute Morgen meinen Termin verpasst. Das war so lebensecht. Vor Schreck bin ich aufgewacht und habe erst dann gemerkt: Ach nein, es ist erst Nacht, ich hab ja noch Zeit.